War Mosul bereits seit Jahrhunderten eine regional und international einflussreiche und wichtige Stadt, so erlangte diese mit der Herrschaft der Islamischer Staat-Miliz von 2014 bis 2017 traurige Berühmtheit. Zwar erlebte die Stadt wie auch das ganze Land nur wenige Jahre zuvor Krieg und Zerstörung sowie politische, ethnische und religiöse Fragmentierung im Anschluss an den Einmarsch des US-Militärs im Jahr 2003, doch brachte die jihadistische Miliz eine neue Qualität der Zerstörung: Dieses Mal wurden weite Teile der Stadt, darunter die teilweise Jahrtausend-alte Altstadt mit ihren religiösen Bauten unterschiedlichster Konfessionen komplett zerstört – und das sowohl durch den IS als auch durch US-Bomben. Zur physischen Zerstörung kam die psychische Belastung, nicht nur durch die Zerstörung, sondern durch die vielen Martyrien, welche die Bevölkerung unter der Herrschaft der jihadistischen Miliz(en) erleiden musste.
Nichtsdestotrotz erscheinen die Bewohner*innen Mosuls resilient und durchaus optimistisch. Man will wieder zu einem Zentrum der Gelehrsamkeit und der religiösen sowie ethnischen Diversität werden, wie man es noch bis in die 1980er-Jahre hinein war. Einen Beitrag dazu soll das RESI-Projekt leisten, das Heike Wendt vom Institut für Bildungsforschung und Pädagog*nnenbildung der Universität Graz gemeinsam mit der TU Dortmund und der Universität Mosul mit Unterstützung des DAAD koordiniert. Dabei geht es um die Unterstützung des wissenschaftlichen und interkulturellen Austausches zwischen diesen Institutionen, um die Vermittlung von Frieden, die Förderung des wissenschaftlichen Diskurses sowie um die nachhaltige Entwicklung der Universität Mosul, sowie der Stadt und der Region.
Anfang März fand im Rahmen von RESI eine große Konferenz zu den Sustainable Development Goals mit einigen hundert Studierenden statt. Diese diskutierten und erarbeiten im Rahmen diverser Workshops Pläne zum nachhaltigen Wiederaufbau ihrer Stadt und ihrer Region(en): Vom Wiederaufbau der Altstadt Mosuls, der nachhaltigen Müllentsorgung, einer bienenfreundlichen Gestaltung der Umwelt hin zu Fragen der Bildung, sowie der Sicherheit und des Friedens.
Im Rahmen seines Workshops hat Maximilian Lakitsch die Idee der internationalen Konfliktbearbeitung bzw. des Peacebuilding mit Studierenden diskutiert. Dabei wurde die Idee des liberalen Friedens in ihrer Unzulänglichkeit für den Irak nach der Herrschaft Saddam Husseins besprochen. „Die Studierenden haben eigene, lokale Konzepte von Frieden reflektiert und formuliert“, erzählt Lakitsch und ergänzt, „Nur ein lokaler Frieden ist ein nachhaltiger Frieden. Es gab zahlreiche Ideen zur konkreten Umsetzung eines lokalen Friedens in Mosul, wie z.B. den Versuch der Integration von gegenwärtigen noch festgehaltenen Familien gestorbener IS-Kämpfer_innen“.
Es mag zwar tatsächlich nur ein verschwindend geringer Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung und zum Frieden gewesen sein, der im Rahmen der Konferenz geleistet wurde, doch gab der Enthusiasmus und Optimismus der Studierenden jeglichen Bemühungen recht, es zumindest zu versuchen.