Jerusalem hat für gleich drei Weltreligionen eine ganz besondere Bedeutung. Die heute mehr als 900.000 Einwohner_innen zählende Stadt verbindet Christentum, Judentum und Islam – eine Verbindung, die in ihrer Geschichte nicht immer ganz einfach war. Die Stadt spielt auch heute eine große Rolle im israelisch-palästinensischen Friedensprozess.
Ganz im Zeichen einer Analyse und Bearbeitung der Konflikte in diesem Friedensprozess steht ein Projekt des Conflict-Peace-Democracy Clusters an der REWI Graz. Das „Holy Land Project“ unterstützt und begleitet eine Arbeitsgruppe in Jerusalem, die erforscht, wie die verschiedenen religiösen und säkularen Weltbilder auf beiden Seiten den israelisch-palästinensischen Konflikt prägen, aber auch, welche möglichen Friedensressourcen sie enthalten.
Die Arbeitsgruppe begann mit der Erforschung des Konflikts um den Tempelberg bzw. das Haram al-Sharif. Der Ort, auf dem sich der Felsendom und die al-Aqsa-Moschee befinden, zählt zu den wichtigsten religiösen Stätten im Judentum und im Islam. Die Regelung über den Zugang zu ihm birgt viel Konfliktpotenzial. Im Rahmen der verschiedenen Projektinitiativen wird etwa eine Gruppe von Imamen und Rabbinern begleitet, die miteinander über Lösungswege für den Zugang zum Tempelberg / Haram al-Sharif nachdenken. Es handelt sich dabei um ein Mediationsverfahren, bei dem die Involvierten nicht im politischen Rampenlicht stehen und deshalb ungezwungener miteinander reden und verhandeln können, aber dennoch in Kontakt zu den politischen Stakeholdern stehen und so in der Lage sind, eine mögliche Konsenslösung zu kommunizieren.
„Wir arbeiten eng mit den Menschen vor Ort zusammen, die das Verständnis für die Rolle der verschiedenen Weltbilder mit ihren Wechselbeziehungen zu vertiefen helfen und so veranschaulichen, welche Faktoren die Konflikte eskalieren oder deeskalieren können. Dabei soll ergründet werden, ob und wie die Weltbilder beitragen können, die Widersprüche zwischen den Konfliktparteien in einer Weise zu vermindern, dass sie auf allen Seiten als hinreichend gerecht empfunden werden“, erzählt Maximilian Lakitsch, REWI-Wissenschafter im Conflict-Peace-Democracy Cluster am Fachbereich Global Governance des Instituts für Rechtswissenschaftliche Grundlagen, bei welchem das Projekt an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät angesiedelt ist.
„Mittlerweile erforscht die Gruppe die Einflüsse der Weltbilder auch in Bezug auf den gesamten Israel-Palästina-Konflikt. Dabei wird wichtiges Wissen für die Zivilgesellschaft, aber auch für die internationale Diplomatie, für inoffizielle und offizielle Mediations- und Verhandlungsprozesse generiert“, erörtert Wilfried Graf, Direktor des Herbert C. Kelman Institute sowie Affiliate des Fachbereichs Global Governance, der das Projekt gemeinsam mit Kolleg_innen in Jerusalem initiiert hat.
Die REWI Graz bringt hier ihre umfassende Expertise im Bereich der Konfliktbearbeitung, aber auch zu Islam, Recht und Politik ein. Am Projekt beteiligt sind weiters das Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ASPR Schlaining) sowie das Herbert C. Kelman Institute.
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