Projekte und Themen
Mastermodul International Peacebuilding and Conflict Transition
Der CPDC ist die tragende Säule eines universitätsweiten Curriculums "Master's module International Peacebuilding and Conflict Transition". Gegenstand des Moduls sind Prozesse, Strategien und Maßnahmen in (Post-)Konfliktgebieten, die den (Wieder-)Ausbruch bewaffneter Auseinandersetzungen nachhaltig verhindern sollen. Das betrifft Fragen der bewaffneten und unbewaffneten Intervention, der externen staatlichen und gesellschaftlichen Einflussnahme seitens der internationalen Staatengemeinschaft und Zivilgesellschaft sowie Friedensprozesse im weitesten Sinne. Dabei will das Modul wissenschaftlich fundierte rechtliche, politische und sozialwissenschaftliche Skills für die Arbeit in (Post-)Konfliktgesellschaften vermitteln. Eine universitäre Ausbildung zum Thema Peacebuilding mit einer Schwerpunktlegung auf Friedensprozesse ist in Kontinentaleuropa so gut wie ohne Konkurrenz.
Das durchgehend englischsprachige Modul befähigt zur Arbeit in (Post-)Konfliktgebieten , etwa im Rahmen von Internationalen Organisationen, staatlichen Ämtern und Organisationen, (nationalen und internationalen) NGOs oder etwa Consultancies. Ein Praktikumsprogramm mithilfe der internationalen Netzwerke der CPDC-Organisationen soll auch tatsächlich die Anbindung an die Berufspraxis ermöglichen.
Spezialisierungsschwerpunkt Konflikt – Frieden – Demokratie
Der Spezialisierungsschwerpunkt behandelt die Entstehung und Bearbeitung von Konflikten: auf lokaler, nationaler und transnationaler Ebene (von interfamilären bis zu internationalen Konflikten). Vermittelt werden Methoden zur Analyse von Konfliktursachen und Dynamiken (zB widerstreitende Interessen, strukturelle Ungleichheit, Ressentiments, Gruppenzuordnungen) ebenso wie ein interdisziplinäres Repertoire an Möglichkeiten zur adäquaten Intervention in einer Konfliktsituation, von rechtlichen über politische bis zu zivilgesellschaftlichen Instrumenten – im Kontext des jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Systems und der Rechtsordnung. Zu diesen Instrumenten gehören Methoden der Konflikttransformation, der Prävention von Gewalt und Radikalisierung, der außergerichtlichen Streitbeilegung oder Maßnahmen der politischen Bildung. Sie dienen – komplementär zum Recht – der Bearbeitung von Konflikten in einer Demokratie.
Europeans Against Conspiracy Theories (E-ACTS)
Das Projekt E-ACTS setzt an der Schnittstelle von Verschwörungsmythen und Hate Speech an – zwei Phänomene, die in den letzten Jahren bedrohlich zugenommen haben. Während Antisemitismus in aktuellen Verschwörungsmythen erschreckend deutlich geäußert wird, scheinen andere Formen von Hate Speech auf den ersten Blick in den Hintergrund zu treten. Das gilt etwa für anti-muslimischen Rassismus, der den rechten Verschwörungsmythos vom ‚Großen Austausch‘ beflügelt, für gegen Roma gerichtete Verschwörungskonstruktionen oder für antifeministische Narrative. Das Projekt E-ACTS untersucht daher mittels eines qualitativen Methodenmix‘ an Hand relevanter Social Media-Kanäle in vier europäischen Ländern, wie Verschwörungsmythen und Hate Speech zusammenhängen, wobei der Fokus auf antisemitischen, anti-muslimischen, anti-Roma und antifeministischen Ressentiments liegt. Aufbauend auf diesen Forschungsergebnissen erarbeitet und testet das Projekt Trainings, die sich an Multiplikator*innen aus der Zivilgesellschaft richten.
Dialog zur nationalen Versöhnung im Irak
Das ASPR hat mit Unterstützung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten der Schweiz im September 2020 eine Initiative zur nationalen Versöhnung gestartet. Der Irak ist nach wie vor entlang konfessioneller, religiöser, ethnischer und generationeller Linien fragmentiert und steckt in einem offenen Konflikt zwischen den politischen Eliten und einer großen Protestbewegung. Klientelismus, gegenseitiges Misstrauen und Verachtung bleiben auch mehr als zehn Jahre nach dem Sturz von Saddam Hussein weit verbreitet. Schließlich treibt ebenso die amerikanisch-iranische Rivalität und das Ringen um Einfluss die Politisierung von Schiit*innen und Sunnit*innen und damit die Fragmentierung weiter voran. Diese Konflikte führen immer wieder zu Eskalationen der Gewalt. Durch eine Reihe von Dialogtreffen zwischen Vertreter*innen aus dem gesamten irakischen politischen Spektrum soll gegenseitiges Vertrauen geschaffen werden und eine gemeinsame irakische Vision formuliert werden – als Leitlinie für einen friedlicheren Irak für alle seine Bewohner*innen. Dieses CPDC-Projekt wird auch von der REWI-Fakultät der Uni Graz unterstützt.
Kommunale Friedens- und Konfliktarbeit im Burgenland
Im Rahmen des Conflict – Peace – Democracy Cluster (CPDC) unterstützen das Institut für Rechtswissenschaftliche Grundlagen sowie das Zentrum für Soziale Kompetenz das Friedenszentrum an der Burg Schlaining (ASPR) in einem Vorhaben zur Stärkung des sozialen Zusammenhaltes im Burgenland. Dabei sollen die institutionellen Grundlage für professionelle Friedens- und Konfliktarbeit auf kommunaler Ebene geschaffen werden. Im Detail will das Vorhaben ein Mediationsservice und die Begleitung von Bürgerbeteiligungsprozessen für die Bereiche Wohnen/Nachbarschaft, Gemeinden und Integration einrichten. Die Projektpartner reagieren damit auf eine Situation, die (nicht nur) auf kommunaler Ebene als steigende Polarisierung und damit als Gefährdung des sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalts beschrieben wird. Die Kennzeichen dieser Situation sind unter anderem eine allgemeine Verunsicherung aufgrund des Wandels sozialer Strukturen, ein schleichender Anstieg gesellschaftlicher Ungleichheit, sowie ein unsicherer Umgang mit den Auswirkungen von Flucht und Migration. Damit verbunden ist ein Ansteigen populistischer Sehnsüchte sowie ein allgemeines Beklagen zunehmender Aggressivität und Unduldsamkeit. Am Beispiel von Bürgerinitiativen wird ein Merkmal dieser neuen Situation deutlich: Wurden diese zunächst überwiegend als Chance und als Zugewinn zur demokratischen Lebensform gewertet, steigt derzeit auch die Sorge, dass damit eine „von unten“ legitimierte Beschneidung von Toleranz, gesellschaftlicher Empathie und gegenseitiger Rücksichtnahme einhergehen könnte.
Grazer Forschungsbeiträge zu Frieden und Konflikt
Im Rahmen der CPDC-Kooperation sucht die Konferenz die Expertise von Forscher*innen der Universität Graz zu den wichtigen Problembereichen Frieden und Konflikt sichtbar zu machen. Auch wenn sich vor allem die Friedens- und Konfliktforschung als solche immer mehr etabliert hat, so ist die wissenschaftliche Beschäftigung mit Konflikt und Frieden meistens dennoch über viele unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen verstreut, selbst wenn andere Begrifflichkeiten verwendet werden. Dies betrifft unterschiedliche wissenschaftliche Fächer sowie verschiedene Fakultäten. Auch an der Universität Graz findet Forschung zu Frieden und Konflikt in vielerlei akademischen Bereichen statt: von den naturwissenschaftlichen über die theologischen Fächer, die Rechtswissenschaften bis zu den Geistes- und Kulturwissenschaften.
Die Sammlung von über 30 Forscher*innen aus verschiedensten Bereichen in genau jenem thematischen Feld im Rahmen der Konferenz soll den Grundstein der Stärkung von Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Graz legen und als Ausgangspunkt weiterer wissenschaftlicher Unternehmungen dienen: Der Konferenz folgt ein Sammelband sowie eine Ringvorlesung im Studienjahr 2021/22, um auch die Studierenden in umfassender Weise an dieser Initiative teilhaben zu lassen. Die Konferenz hätte im September 2020 stattfinden sollen, wurde aber Covid19-bedingt auf das Frühjahr bzw. den Herbst 2021 verschoben.
Geschlechtergerechtigkeit glokal – „If I can’t spray, it’s not my revolution!“ Global Citizenship Education durch partizipative Graffitiworkshops mit Mädchen
Die Austrian Development Agency ADA fördert ein vom IKF entwickeltes Projekt zum Thema „Geschlechtergerechtigkeit glokal“. Das partizipativ ausgerichtete Projekt verbindet inhaltliche Workshops zum Sustainable Development Goal 5 der Agenda 2030 (Geschlechtergleichstellung) mit Workshops zu Kunst auf der Straße (Graffiti) und Medien in Jugendzentren. Ziele sind Wissenserwerb, Reflexion auf lokaler und globaler Ebene, Sensibilisierung für das Thema Gewalt und schließlich das Empowerment der Teilnehmerinnen, wobei diese Selbstermächtigung insbesondere auf der Aneignung neuer Skills im Künstlerischen sowie im Medienbereich basiert. Die Graffiti-Workshops werden vom Street Art-Kollektiv Feminist Killjoy durchgeführt. Die Verbreitung der „Produkte“ des Projekts erfolgt – abgesehen von der Sichtbarkeit der Graffitis im (halb-)öffentlichen Raum – durch die Jugendlichen selbst in ihren Social Media-Kanälen, aber auch durch eine professionelle Medienkampagne und das Video einer Medienfirma. Die digitale Kommunikation der Ergebnisse ist wesentlich, um diese möglichst vielen Nutzerinnen zur Verfügung zu stellen.
Kooperationspartner im Rahmen des CPDC sind das Demokratiezentrum Wien, das mit Jugendlichen Workshops zu Global Citizenship Education durchführen wird, sowie das Institut für Volkskunde und Kulturanthropologie der Universität Graz, das für die externe Evaluierung zuständig ist.
Sommerakademie: Heimatland Erde – Friedenspolitik im Zeitalter des Anthropozäns
Im Rahmen der seit 2020 laufenden ASPR-Kampagne Heimatland Erde findet die 37. Sommerakademie zum Thema Heimatland Erde: Friedenspolitik im Zeitalter des Anthropozäns von 1. bis 5. September 2021 statt. Das Fundament der Kampagne und der Sommerakademie stellt das von Edgar Morin verfasste Werk Terre-Patrie (1993) dar. Besondere Aktualität erhält dieses Werk aufgrund der weltweiten Covid-19-Pandemie. Die Pandemie soll aber als nur ein Element einer so genannten Polykrise gesehen werden: Der von Menschen verursachte Klimawandel, das von unserer Wirtschafts- und Lebensweise ausgelöste Artensterben, die Gefahr der Selbstauslöschung durch einen atomaren Schlag und nationalistisch motivierte Kriege sind weitere Elemente einer sehr bedrohlichen Gesamtsituation. Um dem entgegenzutreten, bedarf es einer Reform des Denkens, des Fühlens und des Handelns sowie eines gemeinsamen Bewusstseins als menschliche Schicksalsgemeinschaft. Anlässlich Morins 100. Geburtstag im Jahr 2021 möchten wir seine Thesen neu denken, weiterentwickeln und die daraus folgenden Handlungsperspektiven diskutieren.
Kinderrechte in Darfur: Mediation mit bewaffneten Rebellengruppen zu Menschenrechten
Wie kann eine Krise gelöst werden, die mehrere hunderttausend Todesopfer gefordert hat? Der Darfur-Konflikt beherrscht seit mehr als 15 Jahren das zentralafrikanische Gebiet rund um den Sudan. Dabei bemüht sich ein Projekt des CPDC, wissenschaftliches und praktisches Knowhow einzubringen, um Lösungen zu finden. Begleitet durch ExpertInnen des Europäischen Trainingszentrums für Menschenrechte und Demokratie an der Universität Graz (UNI-ETC) sowie das Österreichische Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung (ASPR) verhandelten Ende März zwei einflussreiche Rebellengruppen in Stadtschlaining sowie Graz. Die hochrangigen VertreterInnen einigten sich auf ein Abschlussdokument mit Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der binnenvertriebenen Zivilbevölkerung in der Krisenregion.
Wenige Wochen nach diesen Verhandlungen wurde der autokratisch herrschende sudanesische Präsident Omar Bashir gestürzt. In dieser Umbruchsphase konnte das UNI-ETC gemeinsam mit dem ASPR, die in der Allianz „Sudan Call“ zusammengeschlossenen Oppositionsparteien bei Verhandlungen über die Bildung einer zivilen Übergangsregierung begleiten und ein Treffen der Allianz in Österreich technisch und logistisch unterstützen.
Politisch-religiöser Dialog zum Konflikt um den Tempelberg / Haram al-Sharif
Das ASPR Schlaining, das Herbert C. Kelman Institute und die Universität Graz unterstützen eine Gruppe jüdischer und palästinensischer AktionsforscherInnen, die die Komplexität der politisch-religiösen Dimensionen des israelisch-palästinensischen Konflikts durch konstruktive Gespräche untereinander, Tiefeninterviews mit ihren jeweiligen Stakeholdern sowie gemeinsame internationale Studienreisen besser verstehen wollen, um dadurch neue Perspektiven für kreative Konfliktbearbeitung auf verschiedenen Ebenen zu gewinnen – von der Mikroebene des Konflikts um den Tempelberg / Haram al-Sharif über die Mesoebene des Konflikts um Jerusalem, die Makroebene des israelisch-palästinensischen Nahost-Konflikts bis zur regionalen und globalen Megaebene des interkulturellen Konflikts zwischen Judentum und Islam. In den letzten beiden Jahren ist es vor allem gelungen, die lokale Ownership der Projektgruppe und die Kapazitäten für eine lokale „Inside Facilitation“ zu stärken, trotz der empfindlichen Rückschläge für einen neuen Friedensprozess auf der Makroebene.
Dialogprojekt “Friedensregion Alpen-Adria”: Envisioning the Future by Dealing with the Past
Seit 2013 widmet sich dieses Projekt dem Aufbau eines mehrjährigen, grenzübergreifenden Dialogprozesses zum Umgang mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft in der Alpen-Adria-Region. Dabei wurde und wird versucht VertreterInnen von Wissenschaft und Zivilgesellschaft aus Österreich und Slowenien in einen kreativen Dialog über Erinnerungskulturen und Zukunftsentwürfe in der Alpen-Adria-Region zu bringen. Ziele des Projekts sind die Entwicklung von gemeinsamen, grenzübergreifenden Positionen und Perspektiven innerhalb der Dialoggruppe, die Erarbeitung politikrelevanter Empfehlungen für Zivilgesellschaft und EntscheidungsträgerInnen sowie die Vorbereitung öffentlichkeitswirksamer Aktionen und Initiativen. Dies geschieht einerseits in Hinblick auf die transgenerationellen Auswirkungen historischer Traumata, mit der Perspektive eines neuen Umgangs mit Vergangenheit, andererseits in Hinblick auf die Konkretisierung einer gemeinsamen Zukunftsvision „Friedensregion Alpen-Adria“. Das Projekt wird von einer Steuerungsgruppe koordiniert, die von zivilgesellschaftlichen KoordinatorInnen und wissenschaftlichen BegleitforscherInnen aus Klagenfurt, Graz und Ljubljana besteht. Dabei kooperieren die Universität Graz mit dem Herbert C. Kelman Institute, dem ASPR Schlaining, dem Institute for Ethnic Studies in Ljubljana, dem Slowenischen Wissenschaftlichen Institut (SZI) und der Fachhochschule Kärnten.
CPD Policy Blog: policyblog.uni-graz.at
Dem CPDC ist es gelungen, zusammen mit dem Wiener Think Tank Shabka eine außergewöhnliche Wissensplattform zu schaffen. Der Conflict, Peace and Democracy Policy Blog verknüpft seit fast drei Jahren wissenschaftliche Expertise mit praktischen Handlungsempfehlungen. Der Policy Blog fungiert damit als Bindeglied zwischen Wissenschaft einerseits und politischen EntscheidungsträgerInnen und Zivilgesellschaft andererseits. Mit diesem Medium kann eine internationale Leserschaft, auch über europäische Grenzen hinweg, erreicht werden. Damit weisen sich Universität Graz und der CPDC als Kompetenzstandort für gesellschaftlich und politisch relevantes „Orientierungswissen“ aus. Für einen gelungenen Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis ist es elementar, politische und gesellschaftliche Diskussionen inklusiv zu gestalten. Daher verfolgt der Policy Blog einen niederschwelligen Ansatz, um Wissen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein neues Element ist dabei die Aufbereitung der Artikel in einfacher Sprache oder Plain English. Auch junge ExpertInnen und WissenschaftlerInnen werden ermutigt, sich mit Artikeln am Diskurs zu beteiligen. Dies schafft die Möglichkeit, zu einem diverseren Wissensaustausch beizutragen und unterschiedliche Perspektiven widerzuspiegeln. Der Policy Blog hat sich damit zu einer stetig wachsenden Publikationsplattform entwickelt.